Westböhmen ist ein malerischer Landstrich. Lange hinter dem
eisernen Vorhang verborgen, wirkt es heute ein wenig als wäre es im
Dornröschenschlaf gelegen. Grüne Wälder, weite Kornfelder und hinter jeder Ecke
wartet eine Burg(ruine), eine Kirche oder ein Schlösschen.
Kein Wunder also, dass der Böhmerwald heute viele Touristen
in seinen Bann zieht.
Unser Weg sollte uns in die viertgrößte Stadt Tschechiens (das
1295 von König Wenzel II. gegründete Pilsen) führen, das sich dieses Jahr mit
dem belgischen Mons, den Titel „Europäische Kulturhauptstadt“ teilt.
Und schon auf dem Hinweg merkten wir schnell, es würde
schwierig werden mit den Plänen einhalten, denn schon in Klatovy lud uns ein
kleiner Park zum ersten Stopp ein. Wie zielstrebig ankommen, wenn ja unterwegs
schon soviel hübsches wartet!?
Ihr werdet es euch aber denken, wir haben es am Ende doch
geschafft.
Pilsen! Berühmt übrigens für die Škoda-Werke und eine sehr flüssige
Sache, die vielleicht auch einige von euch kennen. Das
„Pilsner Urquell“ (
Plzeňský
Prazdroj) soll seit dem ersten gebrauten Sud 1842 eines der besten Biere
weltweit sein. Da mussten wir natürlich schon einen Test wagen. Süffig ist es
allemal.
Wer sich für die Brauerei noch mehr interessiert, der kann hinter dem beeindruckenden
Eingangstor eine Führung vorbei an den Sudkesseln und Abfüllanlagen machten.
Probieren ist hier natürlich inklusive, ein Urquell direkt vom Lagerfass. Seit
1999 gehört das Unternehmen dem heutigen südafrikanischen SABMiller Konzern.
In Pilsen erreicht man alle Sehenswürdigkeiten schnell zu
Fuß, wenn man hier nicht so gut unterwegs ist, lässt sich praktischerweise sehr
vieles mit dem Auto anfahren und man muss so nicht ganz auf den Genuss
verzichten.
Die gotische St. Barthalomäus Kathedrale markiert auf dem
Platz der Republik den historischen Kern der Stadt und ihr 102m hoher Turm ist
der höchste in der ganzen Tschechischen Republik.
Rundherum säumen eine barocke
Pestsäule, wunderschöne Häuserfronten und das Renaissance-Rathaus den
weitläufigen Platz. Ein wenig gruslig mutet es an, das hier bis zum 18.
Jahrhundert ein großer Friedhof war und man während der Pestzeit viele Tote
hier beerdigt hat.
Guckt man durch die angrenzende Prešovská Strasse entlang, so sieht
man ein weiteres Maximum Pilsens, die größste Synagoge der Republik, die auch
die zweitgrößte in ganz Europa ist. Erbaut wurde sie maurischen Stil 1888-1893
nach einem Plan des Wiener Architekten Max Fleischer, eigentlich viel höher
angedacht, aber nichts sollte höher sein, als der Pilsner Dom. Der Besuch in
der Synagoge war ein geteiltes emotionales Ereignis. Der Bau selbst so
beeindruckend und die Menschen in der Synagoge alle so freundlich. Die
Geschichte der Pilsener Juden hingegen so traurig. 1942 wurden 2605 Juden der
Gemeinde nach Theresienstadt deportiert, nur 204 kehrten nach dem Krieg zurück.
Viele von ihnen wandert nach den schrecklichen Ereignissen nach Israel oder in die
Vereinigten Staaten aus.
Dass das Bauwerk den Krieg, trotz noch heute sichtbarere
Einschusslöcher, überlebt hat grenzt vermutlich an ein kleines Wunder. Einbettet
zwischen andere Häuser und teils als Verkaufslager oder Arbeitswerkstatt für
Uniformen genutzt, blieb es bestehen und wird heute wieder als Synagoge und für
kulturelle Veranstaltungen genutzt.
Der Stadtkern Pilsens ist mit vielen Parks und grün umgeben,
besonders bei den heißen Temperaturen war das eine wohltuende Abwechslung. Und
für noch mehr Abkühlung kann man die Füßen ja mal in die den durchlaufenden
Fluß Mže halten und eine handgemachte Limonade, die hier überall angeboten
wird, trinken.
Lobend erwähnen muss ich hier gleich noch, wie lecker und
günstig das Essen war. Für 4 Personen haben wir zwischen 18-35 Euro leckerst
gespeist. Auch wenn wir nicht immer so ganz die Karten verstanden haben *lach*
Aber ein bisschen mit den Händen sprechen ist ja international und garantiert
gleich noch einen Lacher und leckeres Eis dazu.
Auch auf der Heimreise haben wir noch ein paar kleine Hitzestopps gemacht, ich kann nur sagen auch rund um Pilsen gibt es so fantastische Dinge zu entdecken. Die Burg Rabi, den Geburtstort des heiligen Nepomuk, kleine Schlösschen und zauberhafte Seen. Hach, ich denke, wir sollten wieder einmal Richtung Böhmerwald fahren.
Ich hoffe ihr seht es mir nach, dass mein Reisebericht heute etwas länger geraten ist. Aber es gab einfach zu viel zu sehen und ich wollte auf nichts verzichten.
Habt ihr schon einmal eine Reise nach Westböhmen gewagt? Jedem Liebhaber von Bürgern und Schlössern kann ich es nur empfehlen und das wird mich bald noch einmal dort hinziehen!